Gewebte Bänder von und bei Anneliese Bläse
Puzzleteile

Altes Band aus Estland

p12Aus alten Zeiten
Gundel Hergenhan sagte einmal im Bezug auf die Bandweberei: "Alles was wir finden, sind einzelne Puzzleteilchen. Manche passen sogar zusammen. Aber das ganze Bild werden wir nie bekommen, dazu ist schon zu viel verloren gegangen."  Trotzdem freue ich mich über jedes Puzzleteil, ob groß ob klein, manchmal sind sogar Edelsteine darunter. Auf dieser Seite möchte ich meine liebsten Teilchen vorstellen. Ich beginne zwar nicht bei Adam und Eva, aber ......

p1Evas Enkel
Nach dem Willen Gottes wurden die Nachkommen Kains Handwerker und Künstler, denn Kains Strafe bestand ja darin, dass der Acker ihm die Frucht verweigerte.
So steht es im 1. Mose, Kapitel 4, Vers 21 und 22.
Jubal wurde Musiker, Tubal-Kain wurde Schmied, und von der Tochter Naema berichtet die Legende, dass sie die erste Weberin war.

p2Manngeld
nannte man in der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends die Rechtsverordnungen, welche die Bußen regelten, die bei Verletzung oder Tötung eines Menschen gezahlt werden mussten. Der Textilforscher Richard Stettiner zitiert daraus, dass folgende Personen die gleiche  (hohe) Stellung hatten, mit der gleichen Geldsumme entschädigt werden mussten:
Der Harfner, der die Instrumente baut und die Musik dazu erfindet
Der Goldschmied,
und
Die Frau, die die bunten Kanten für die Kleider anfertigt
Die Kinder Kains.....

p7Eine Kulturgrenze auf der Jütischen HalbinselSpinnrichtungen

Dänische Archäologen haben in den 1980iger Jahren eine Spinnrichtungsgrenze auf der Jütischen Halbinsel festgestellt. Im südlichen Teil wurde nur in die eine Richtung gesponnen, im Norden in die andere.

Bitte fragt mich nicht, wo welche üblich und wann das genau war. Ich habe leider den Text nicht mehr. Es stand in der dänischen Zeitschrift für Hobby- und andere Archäologen, "Skalk". Kann mir da vielleicht jemand weiterhelfen?

Diese alte Kulturgrenze soll etwas nördlich von der heutigen Landesgrenze zwischen Dänemark und  Schleswig-Holstein verlaufen sein, deutlich bewiesen durch die gefundenen Textilien.

Da müssen doch in der Vorzeit zwei Völker mit ganz verschiedenen Lebensanschauungen ansässig gewesen sein.


p8Geschenkbänder und mehrp9
p3Pommern
In Pommern bekam der Hochzeitsbitter ein Band für seinen Stab geschenkt.


p4Schweden

In Schweden mußte die Braut Bänder als Geschenk für Freunde, Verwandte und auch für den Spielmann weben. Der Spielmann Blinda Palmen aus Svärdssjö hat auf 123 Hochzeiten gespielt. Seine Frau setzte alle die
verschiedenen Bänder kunstvoll zu einer Bettüberdecke zusammen. Diese Spelemannstäcken ist im Nordiska Museum in Stockholm zu bewundern.

p3 Litauen        
 Der Dichter Hermann Sudermann erzählt in seiner Geschichte "die Magd" von einer Hochzeit:
"Wie misstrauisch der Alte (Brautvater) auch sonst die Schätze seiner Truhen hütete, heute öffnete er die Deckel weit und verteilte Handschuhe und Handtücher in Menge, selbst seidengewebte Jostbänder (Gürtel)
verteilte er. Die lagen seit hundert Jahren in dunklem Verstecke."

p6Estland

Aus mündlichen Beschreibungen: Früher hatte eine Braut in Estland für eine große Truhe voller Haarbänder,
Gürtel, Handschuhe, Handschuhbänder, Socken, Kniestrümfe und Strumpfbänder zu sorgen, nicht für die eigene Aussteuer, nein, bei der Hochzeitsfeier stand sie neben der Kiste und schenkte jedem Gast, der zum Gratulieren kam, etwas aus diesem Vorrat. Natürlich konnte sie nicht alles selbst weben und stricken, ihre Freundinnen halfen ihr dabei, das war eine lustige Zeit fröhlichen Eifers vor dem großen Fest. Manches wurde auch dazu gekauft. Heute kauft man das Meiste.

p9Lettland
 Auch in Lettland ist die Sitte der Geschenke für die Hochzeitsgäste bekannt. Hier wird vorwiegend von Socken, Faust- und Fingerhandschuhen berichtet. Aber auch Gürtel, also gewebte Bänder waren dabei.
Übrigens, die Letten rühmen sich, dass man bei Ihnen die ältesten gestrickten Handschuhe Europas gefunden habe, sie sollen bereits aus dem 13. und 14. Jahrhundert nachgewiesen sein. Offiziell ist die Kunst des Strickens für Europa um 1430 in Frankreich nachgewiesen.
Stricken heißt, eine textile Fläche aus einem einzigen zusammenhängenden Faden herzustellen. Vorher gab es nur die Nadelbindung, welche direkt von der Korbmacherei abstammt. Hierbei musste der ganze Fadenvorrat bei jedem Stich mit dicker Nadel durch den Stoff gezogen werden. Da man ja nicht ein ganzes Knäuel durchziehen kann, wurde der Faden öfter angesetzt, war also nicht zusammenhängend. Solche Pullover trugen die Wikinger.
Nach einer Veröffentlichung in Nr. 133 von ORNAMENTE
Dez. 05 handelt es sich bei den ältesten lettischen Handschuhen auch um Nadelbindung, nicht um Stricken!
     p10                                                                                                      
Finnland
Im Handwerkermuseum von Turku erzählte mir die Weberin, dass finnische Forscher den Wanderweg der alten Muster genau verfolgen konnten. Sie verglichen vorwiegend Handschuh- und Sockenmuster und kamenzurück bis ins Altaigebirge aus dem die Finno-Ugrier ursprünglich herkamen.
Als ich einwand, damals hätte doch noch niemand stricken können, lachte sie und erklärte mir: "die ältesten Strickmuster sind doch die Webmuster gewesen, die man einfach für die neue Technik übernommen hat. Sie waren da, und die Frauen kannten sie.Eigentliche Strickmuster haben sich erst viel später herausgebildet."
Ein Büchlein darüber konnte ich im Museum kaufen.


                                                                    p11 Aus Estland:
                                                                        Haarband   1 Paar Strumpfbänder   Fingerhandschuh        Fausthandschuh          Langsocke


Haarband Strumpfband Fingerhandschuh Fausthandschuh Langsocke


p12Im ganzen Baltikum
ist die Sitte der Geburtstagsschärpe bekannt. Das Geburtstagskind jeden Alters bekommt zur Feier ein schön gewebtes Band schräg über die eine Schulter gebunden. Darauf finden sich neben traditionellen Mustern auch der Name und Tag.
Mein letztes Band in der Galerie, siehe Bild unten, war zu diesem Zwecke gewebt. Anu Raud hat es zuerst als Schärpe getragen, im Laufe des Abends nahm sie es plötzlich ab, sehr auffällig, damit auch ja alle hinschauten. Dann wand sie es feierlich als Gürtel um ihren Trachtenrock.
Man kann solche Bänder extra bestellen, weiß ich von Estland und Lettland. Zum Glück gibt es in der Bandwebegruppe des Talliner Handarbeitsvereins auch junge Frauen.


Geburtstagsschärpe
Teilansichten, Gesamtlänge 2,70 m


p1Weber waren häufig Dichter, p2
denn ehe die Industriealisierung alles zerstörte,  hatten sie Zeit und Ruhe zum Nachsinnen bei ihrer Arbeit,
wie zum Beispiel Gerhard Terstegen (1697-1796) aus Moers am Niederrhein. Er war ursprünglich Kaufmann, suchte aber nach einem Broterwerb, bei dem er besser seinen Gedanken nachgehen konnte über Gott und seinen Glauben. So wurde er Bandweber, aber auch einer der bedeutendsten Liederdichter der reformierten Kirche. Danach war er freier Prediger in Mühlheim an der Ruhr. Lieder von Terstegen, die noch heute im Gesangbuch stehen:
Gott ist gegenwärtig
Jauchzet ihr Himmel
Ich bete an die Macht der Liebe



p3Nadelhäuschen aus Schwedenp4
            

Hier zeige ich zwei Bilder von Nadelhäuschen. Das bunte habe ich selbst fotografiert,  es gehört Nina Sparr aus
Våmhus am Silja-See in Dalarna.
Die schwarzweiße Fotokopie hat sie mir auch geschenkt. Danke Nina!
Diese kleinen Schmuckstücke sind aus Messing gegossen und fein ziseliert. Sie sind wie flache, offene Dosen
geformt, etwa 6-7 cm lang. Oben im runden Ende befindet sich ein Schlitz, durch den das Band gezogen wird.
Es passt so genau, dass man das Häuschen verschieben kann, aber es verrutscht nicht von selbst.
Man steckte früher die kostbaren Nähnadeln in das Band und schob das Häuschen zum Schutz darüber.
Das freie Ende des Bandes wurde am Mieder befestigt, so dass das Häuschen frei herunterbaumelt.

schwarzweiß
bunt


p1Wird fortgesetzt


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