Gewebte Bänder von und bei Anneliese Bläse
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I. Von der Faser zum Faden
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Fasern können verschiedene Pflanzenteile sein, Haare von Tieren, oder gar das feine Gespinnst, mit dem bestimmte Schmetterlinge die Kokons für ihre Puppen schützen.
Niemand weiß, wer zuerst auf die Idee gekommen ist, irgendwelche Fasern, die in der Natur vorkommen, zu einem festen Faden zu drehen, vielleicht, weil zum Beispiel jemand schnell einen Ersatz für eine gerissene Bogensehne brauchte.
Von hier war es dann immer noch ein weiter Weg, bis man so viele Fäden aus Fasern p
roduzieren konnte, um daraus ganze Flächen als Ersatz für ein wärmendes Tierfell zu machen.

  Fasern, die sich für Fäden zur Bandweberei eignen.
Bei der Bandweberei wird das Garn sehr stark beansprucht. Das stellt natürlich hohe Ansprüche an die Spinnerei. Textilforscher betonen immer wieder, wie sehr sie die feinen und gleichmäßig gesponnenen Fäden unserer Vorfahren bewundern. Das Garn muss nicht nur extrem reiß- und abriebfest sein, es darf auch nicht zu dehnbar sein, sonst reckt es sich während des Webens und zieht sich wieder zusammen, wenn man die Spannung lockert. Dadurch wird das Band ganz wellig, da hilft dann auch kein Bügeln mehr.

     
Alte Schafrassen werden von Liebhabern
wegen der besonderen Wolle wieder gezüchtet,
hier ein Mooritsschaf aus England
  Wolle
Mooritsschaf, alte englische RasseEine der ersten spinnbaren Fasern war wohl die Schafwolle. Natürlich hatte man in alten Zeiten alle möglichen Tierhaare ausprobiert. So sind zum Beispiel um 500 v. Chr. aus den Fürstengräbern der Kelten an der oberen Donau verschiedene Gewebe überliefert, die sogar Dachshaar enthalten, was umso erstaunlicher ist, weil Dachse nur am Bauch wenig feine weiche spinnbare Wolle haben.
Jedenfalls war das Schaf eines der ersten Tiere, die der Mensch in Dienst nahm, und ohne seine Wolle hätte er wohl kaum den kalten Norden besiedeln können. 
In Telemark, Norwegen, gehören zur Frauentracht breite Brettchenband-Gürtel, die aus reiner Wolle gewebt werden. Das ist schwere körperliche Arbeit, denn die Wollfasern verhaken sich miteinander, und das Fach kann nur mit viel Kraft geöffnet werden. Das Weberschiffchen, welches gleichzeitig als Anschlagschwert dient, hat eine Metalleinlage, damit es sich nicht zu schnell abnutzt. Ich kenne dort nur noch einen Mann, der heute diese breiten Gürtel und auch die Haarbänderfür die Tracht webt.
Auch in der Türkei weben die Männer Brettchenbänder aus dicker Wolle, zum Beispiel als Packriemen für ihre Lastesel. Als Brettchen verwenden sie gebrauchte Spielkarten.
Von Finnland ist überliefert, dass die Seiler im Winter, wenn es zu kalt zum Arbeiten auf der Reeperbahn war, zuhause auf dem Dachboden Pferdezügel mit Brettchen webten.
Für die Kammbandweberei ist die Wolle besonders als Musterfaden gut geeignet, weil sie sich so schön hoch bauscht und das Gelesene Muster gut zur Geltung bringt. Wolle hat auch ihre eigene Farbsprache, die besonders bei Naturfarben, Pflanzenfärbungen, zur Geltung kommt.
Alte Schafrassen hatten viele verschiedene gewachsene Farben. Die reichten zum Beispiel von Honiggold bis zu Schafschwarz, einem sehr dunkle Braun, und von Silbergrau über Steingrau bis zu Rußschwarz. Allerdings muss das geschorene Vlies von Hand sortiert werden, nicht nur nach den vielen natürlichen Farbschattierungen, sondern auch nach dem glatten, festen Deckhaar, auf dem der Regen abläuft und der wärmenden krausen Unterwolle. Maschinenspinnereien nehmen solches Materiel gar nicht an, es muss also auch mit der Hand gesponnen werden. Eine Initiative in Norwegen versuchte in den 1970gern, die alte buntgescheckte Schafrasse Telemarks wieder zu züchten. Sie musste nach drei Jahren aufgeben, weil es einfach zu aufwändig ist für unsere Zeit, diese wunderschöne Wolle zu verarbeiten  - Link Philisophie -
Die Ostseemuster waren gewöhnlich mit einer rot gefärbten Wolle auf weißem Leinengrund gewebt. An den schmalen Rändern wurde auch Grün, Gelb, Blau und Braun verwendet. Die rote Farbe erzielte man durch Färben mit Krapp, einer Pflanze, die mit dem Labkraut verwandt ist, welches die Bauern zur Käseherstellung verwendeten. Es gibt aber auch ein Färberlabkraut, das offenbar in Estland viel verwendet wurde. Blau gewann man durch den Farbstoff Indigo, auch schon ehe dieser aus Indien zu uns kam und so genannt wurde: unser einheimischer Färberwaid und das Waldbingelkraut enthalten ebenfalls Indigo, wenn auch nicht so große Mengen, wie die indische Indigopflanze, von der es auch mehrere Arten gibt.

Sehr gut geeignet für Bandweberei ist Cableegarn, das es auch in Baumwolle gibt. Leider habe ich es in der letzten Zeit in Geschäften gar nicht mehr gesehen, aber ich lebe ja in der Provinz.

Flachs oder Lein
Leinblüten sind
himmelblau      Lein wurde schon in der Eisenzeit auf Feldern angebaut. Für die Gelesenen Muster im Ostseeraum war das LeinLeinengarn, gebleicht oder ungebleicht, der Faden für das Grundgewebe, bis es von der Baumwolle abgelöst wurde. In den Baltenländern hielt sich Leinen bis ins letzte Jahrhundert.
Leinengarn ist leicht etwas störrisch beim Weben, wenn es nicht noch besonders behandelt wurde. Es gibt auch ganz weiches, wunderschön glattes Leinengarn. Wenn man die Gelegenheit hat, ein paar Konen mit Resten in einer Handweberei abzustauben, sollte man sofort zufassen.

Reifes Baumwollfeld
 Baumwolle
Baumwollgarn ist sehr gut geeignet, das dünne für die Grundfäden und dickeres buntes Häkelgarn als Musterfaden.      
Dünnes Häkelgarn ist allerdings gewöhnlich sehr stark gezwirnt, der Drall setzt sich leicht im ganzen Werkstück fort, so dass das fertige Band sich in sich selbst verdreht, da hilft dann auch kein Bügeln.
Ich habe auch schon mit Sternzwirn gewebt (Sonderangebot, gaanz billig), und einen groben Riemen machte ich mit Topflappengarn.
Aber am schönsten ist doch der Glanz von mercerisierter Baumwolle. Diese ist auch am schmiegsamsten zum Weben. Mercerisieren = Mercer war ein Kaufmann in Frankreich, der ein Verfahren entwickelte, Baumwolle durch Natronlauge seidenglänzend zu machen.
Die Baumwolle ist gewöhnlich mit synthetischen Farben behandelt, denn sie lässt sich mit Naturfarben kaum dauerhaft färben. Hier ist Vorsicht geboten, damit die Geschichte nicht zu bunt wird.
Perlgarn in verschiedenen Stärken lässt sich wunderbar weben, ebenso wie Stickmoulinée, - schade, dass diese Garne so teuer sind.

 Microfasergarn                 
Die sogenannten Microfasergarne zum Stricken und Häkeln finde ich als Musterfäden gut geeignet. Sie sind schmiegsam und bauschig, liegen gut auf dem Grundgewebe auf und bilden deutliche Muster. Außerdem sind sie leicht zu waschen.

Acrylgarne
Meine Versuche, das billige Acrylgarn aus den Kaufhäusern als Musterfäden zu verwenden, sind alle kläglich gescheitert. Das Garn reckt sich aus, wird immer länger und dünner, manche Fäden reissen sogar bald. Oder es ist, wie auch bei der Wolle beschrieben, zu elastisch, zieht sich nach dem Weben wieder zusammen und macht das Band unheilbar kraus. Also Vorsicht bei billigen Garnen. Nicht die kostbare Handarbeit durch schlechtes Material entwerten!
                                                                                                                                 
Seide

Seide ist das edelste Material, was wir kennen und wunderbar leicht zu verarbeiten.                                       

Schon vor mehr als 1000 Jahren, zur Wikingerzeit, wurde Seide als Stoffe und Garne, auch für Brettchenbänder, nach Nordeuropa importiert.              
Der endlose Faden von einem Kokon des Seidenspinners kann bis zu 8 km messen, für den Gebrauch werden mehrere zusammengezwirnt. 
Nur wenige von ihnen vergesponnen ergeben einen hauchdünnen, sehr glatten und reißfesten Faden,

Es gibt übrigens verschiedene Schmetterlinge, die ihre Puppenhüllen mit brauchbarer Seide umspinnen. Auch von dem bei uns heimischen Eichenspinner kann man Seidenfasern gewinnen, die verarbeitet wie gesponnenes Gold aussehen. Aber der echte Seidenspinner ist konkurrenzloser Sieger, weil er so produktiv ist. Als jahrtausende langes Haustier hat er seine bunten Farben längst verloren, man weiß nicht mehr, wie die Wildform ausgesehen hat. Ich konnte zunächst kein Bild von ihm finden. Vielleicht ist er zu langweilig für Fotografen.
Aber jetzt im August 2008, ist er mir begegnet, seine Lebensgeschichte liebevoll gemalt von Maria Sybylla Merian die im 17. und 18.Jahrhundert die Metamorphosen der Schmetterlinge und anderer Insekten genau studiert und dargestellt hat.
Seidenkokons


Die Metamorphose (Verwandlung) des Seidenspinners von Maria Sybilla Merian  
                                  war das einzige Bild eines Seidenspiners, das ich finden konnte, aber ich traue mich                                          nicht,es zu zeigen, Ich tue dies alles hier umsonst und kann mir hohe Gebühren nicht leisten.
   



Kokons von verschiedenen Seidenspinnerarten,         
die ich von einer Spinnerin in einem Museum
in Dänemark geschenkt bekommen habe
Mein Dank an diese freundliche Dame!

Dank fleißiger Importe von China und Japan in Form der verschiedensten Garne ist Seide auch bei uns einigermaßen erschwinglich geworden.
Otfried Staudigel zum Beispiel hat Seide zum Bandweben in seinem Programm. ( per E-mail: staudigel@brettchenweben.de)  

Metalle und Metallicgarne
Manche Bänder der Früh- und Vorzeit blieben nur erhalten, weil sie mit edlen Metallen zusammen verarbeitet waren. Ein gutes Beispiel sind die Bänder des Gräberfeldes auf der Insel Birka im schwedischen Mälarsee, die aus der Zeit um 800 n. Chr. stammen. Hier handelt es sich um broschierte Brettchenbänder. Das heißt, auf dem normalen Brettchengewebe wurde zusätzlich eine Verzierung mit Gold- oder Silberfäden angebracht, welche ähnliche Musterbildung zeigt, wie unsere Kammbänder.
Wurden nur die Muster damit gemacht, nannte man es Broschierung, es sah aus wie aufgestickt.
Es gab aber auch Bänder, wo die ganze Oberfläche mit solch einer Schicht überdeckt war, das hieß Lancierung.
Ich habe das Broschieren mal ausprobiert, mit einem zweiten Schiffchen und Goldacrylgarn. Es ging sehr langsam und langweilig, aber es ging.
Agnes Geyer konnte in den 1930iger Jahren die Muster dieser Bänder rekonstruieren, weil sich durch die Silberfäden Silbersalze gebildet hatten, die das Textilmaterial am Verrotten hinderten. Von den Bändern mit Goldfäden war nur das Gold erhalten, aber das Muster hatte sich in dem flachen Goldfaden so genau eingeprägt, dass sie es aufzeichnen konnte. Die Birkabänder waren exclusiv, nur für sehr reiche Leute.
Wir haben es da einfacher: Mit modernem Acry Metallic lässt sich sehr gut arbeiten. Ob ein Band zur Silberhochzeit oder zum Weihnachtsfest, Gold und Silber machen auf jeden Fall Eindruck. Schon wenige einzelne Metallicfäden, die nur am Rande mitlaufen, veredeln ein schlichtes Bändchen.


Spindel
Fäden spinnen

Spinnen ist das Zusammendrehen von Fasern zu einem Faden.
 
Spinnrichtungen
Früher wurde mit der Handspindel gesponnen. Sie besteht aus einem angespitzten Hartholzstab - das Pfaffenhütchen heißt deshalb heute noch Spindelstrauch - und einem scheibenförmigen oder kugeligen Schwunggewicht mit einem Loch in der Mitte, durch das der Stab gesteckt wird, der Spinnwirtel.
Die Spindel kann rechts oder links herum laufen, für die Drehung des Fadens sind also 2 Richtungen möglich. Damit hat es oft Schwierigkeiten gegeben bei den Archäologen, denn rechts / links ist keine eindeutige Aussage, wenn man nicht weiß, von welcher Seite aus der andere hinguckt. Erst in der 1930iger Jahren wurde international festgelegt, dass man die eine Drehrichtung mit S und die andere mit Z bezeichnet: nun ist alles klar, man hält den Faden senkrecht und schaut von der Seite drauf! -mehr -

Das Garn für den berühmten Thorsbergmantel aus der Zeit um 350 n. Chr., der in einem Moor in Angeln gefunden wurde, ist übrigens in 2 Richtungen gesponnen, der Schussfaden S und der Kettfaden Z. Das soll das Material des Prachtmantels besonders schmiegsam gemacht und den schicken Fall der Falten ermöglicht haben. 

Übrigens - Dornröschen hat sich an einer Spindel gestochen. Wer meint ein Porträt von ihr mit einem hübschen Spinnrad bereichern zu müssen, -  der spinnt.

Das waren die Fasern. Erwartet bitte nicht, dass ich mich über die verschiedenen Spinnmethoden auslasse. Um das auch noch zu lernen, habe ich zu spät mit meinem Hobby angefangen - ich wollte ja weben!  Nun gehen wir


...vom Faden zum Band
Zopf

Als ich ein kleines Mädchen war, einige Jahre vor Beginn des 2.Weltkrieges, trug ich Zöpfe, die flocht mir meine Mutter aus drei Strähnen. Manchmal, zu besonders festlichen Gelegenheiten, flocht sie meine Zöpfe auch aus 4 oder 5 Strähnen. Den Zopf mit 4 Strähnen mochte ich nicht leiden, weil er so unsymmetrisch aussah. 
Irgendwann habe ich dann mit bunten Fäden das Flechten selbst probiert, und als ich in die Schule kam, konnte ich meine Zöpfe auch schon selber flechten. Ich habe es auch noch mit 7 und 8 Fäden versucht, und hatte keine Ahnung, dass ich damit schon einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zur Bandmacherei geschafft hatte: Was ich da spielerisch probierte, war der Anfang, ein Fingerband zu flechten, wie es heute noch in Norwegen und Estland - und sicher auch in anderen Ländern rund um die Ostsee - besonders die Männer als Strumpfbänder zu den Kniebundhosen tragen.
Zöpfe
Versuche doch mal, mit wieviel Fäden Du flechten kannst. Bei 8 Fäden muss man schon richtig drunter und drüber weben.
Das Garn wird in doppelter Länge zugeschnitten, der ungerade Faden natürlich nur einfach, aber ein paar Zentimeter länger. Gerade Anzahlen von Fäden werden einmal zusammengelegt und über den Haken gehängt, den ungeraden Faden bindet man in der Mitte des Bündels fest und legt es dann zusammen. Nun sucht man sich einen passenden Fensterhaken oder setzt eine Schraubzwinge auf den Arbeitstisch, hängt das Garnbündel darüber und ordnet die Fäden auf der Hand flach nebeneiander. Wie beim Dreierzopf wird nun schön nacheinander jeder Faden einmal in die Mitte gelegt, nur muss er bei mehr als 5 Fäden immer 1 drüber, 1 drunter laufen, bis er den vorher bewegten Faden gekreuzt hat. Dann kommt der nächste von der anderen Seite dran, immer 1
drüber, 1 drunter, den vorherigen kreuzen usw.
Je mehr Fäden man nimmt, umso schöner kommt das Muster heraus. Ich habe den Namen Flammenband dafür gelernt. So heißt es auch in Norwegen und Estland. In England nennt man es Arrowhead, Pfeilspitzenband. Es ist ein bisschen elastisch und deshalb für die Kniestrümpfe gut zu gebrauchen. Gummiband gab es ja früher nicht. Die Norweger verzieren ihre Strumpfbänder mit Bommeln an jedem Ende. Die Esten flechten ein Bänderpaar in einem Stück und machen auch einen Bommel an jedes Ende. Werden die Bänder dann in Gebrauch genommen, schneidet man sie auseinander und macht einen Knoten an jeder Schnittstelle. Dann hängt nur ein Bommel an jedem Bein herunter.Norwegisches Strumpfband

Estnische StrumpfbänderFlammenband, Strumpfbänder aus
Estland 
geflochten von den Damen  
des Estnischen Handarbeitsvereines,
Tallin, Mai 2002

 
 





Strumpfband aus Hedal
in Telemark,
Norwegen,
Juni 2000




Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, Bänder zu flechten, zu knüpfen, zu wirken. Vielleicht berichte ich ein anderes Mal davon.

weiter: Vom Eintrag zum Schuss - oder - Was ist Weben?

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